Raumordnerische Leitbilder
Leitbilder der Raumordnung
Stefan Krappweis
http://planung-tu-berlin.de/
Leitbilder
der Raumordnung - Raumordnerische Leitbilder
Konkurrierende
Leitbilder
ausführlich s. http://planung-tu-berlin.de/Bodennutzungsplanung/4-regionaleKonzepte.ppt
Leitbild |
Merkmale |
Achsen |
Probleme 1. Anfang 20. Jahrhundert:
Ringförmiges Großstadtwachstum vermeiden, Umwelt- und Erholungsbedingungen
für Stadtbevölkerung sichern. 2.
Infrastrukturausbau hierarchisieren und bündeln Lösung: Bündelungskonzept für
Siedlungswachstum und Infrastrukturausbau entlang von überörtlichen
Verkehrstrassen (Schiene, Straße,
Wasserstraße) mit Potential zur Verkehrsverlagerung auf Schiene
(Massenleistungsfähigkeit, Stauvermeidung, Umweltschutz) und Wasser; kleinräumig: Stadt-Umland: Siedlungsachse, Umlandsiedlungsachse, Verdichtungsachse (ordnende
Vorgabe zur Steuerung der Suburbanisierung, Siedlungswachstum auch auf
nicht-zentrale Orte entlang der Achse lenken zur Freihaltung der
Achsenzwischenräume) großräumig: a)
Verkehrs- und Verbindungsachse erster und zweiter Ordnung je nach zu
verbindenden Zentren (Ober-, Mittelzentren): Infrastrukturausbau,
Verbindungsqualität, Erschließungsfunktion, Leistungsaustausch zwischen
Zentren ohne Siedlungswachstum nicht-zentraler Orte entlang der Achse. b)
Entwicklungsachse: Infrastrukturausbau und Siedlungswachstum auch
nicht-zentraler Orte entlang der Achse. Lit.
Bruno Dietrichs: Konzeptionen und Instrumente der Raumplanung: Eine
Systematisierung, Hannover, Vincentz, 1986, Veröffentlichungen der ARL, Band
89, S. 78ff. Die „Achse“ („Stab oder Stange,
um die sich Teile drehen und die diese starr verbindet,“
Knauer, Das große Wörterbuch, 1985) ist vom „Siedlungsband“ zu unterscheiden:
Eine Autofahrt
entlang einer Achse sollte im Idealfall durch kilometerlange freie Landschaft
zwischen den Orten führen (Genuss von Orts- und Landschaftsbildern, Erholung,
Biotopverbund, Klimaausgleich/Frischluftzufuhr), während diese bei einer
Fahrt im Siedlungsband vielleicht nie zu sehen ist (Bandstadt, Städteband,
Straßendorf). Das Achsen-Konzept stärkt den Schienenverkehr und
den übrigen Öffentlichen Personennahverkehr, dessen Haltepunkte sich
meist in Ortskernnähe befinden, das Band-Konzept ist klar individualverkehrsorientiert
- bei Vermeidung der unerwünschten Zersiedlungswirkungen des Autos außerhalb des
Siedlungsbandes.“ Um bandartige Entwicklungen innerhalb von Achsen zu
verhindern, werden in Raumordnungsplänen zumeist Grün- bzw. Siedlungszäsuren
festgelegt, die unerwünschte Siedlungserweiterungen unterbinden. |
Gleichwertige-Lebensverhältnissse |
Problem: Disparität
(Stadt-Land-Gefälle, Ballungsräume, strukturschwache Räume) Lösung: Zentrale Leitvorstellung des Bundes
und der Länder zur gleichmäßigen Entwicklung der Teilräume (Art. 72 GG, ROG,
Länderverfassungen, Landesplanungsgesetze) und zur sozialen Sicherung der
Bevölkerung („sozialer Bundesstaat“, Art. 20 GG) bezogen auf Leistungen der
Daseinsvorsorge, des Einkommens und der Erwerbsmöglichkeiten: „In den jeweiligen Teilräumen
sind ausgeglichene wirtschaftliche, infrastrukturelle, soziale,
ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben
(§ 2 Abs. 2 Nr. 1 ROG) – ausgeglichene wisök-Verhältnisse. U.a. werden über den horizontalen und
vertikalen Finanzausgleich
die Steuerkraftunterschiede der
Bundesländer tendenziell nivelliert, d.h. Länder mit unterdurchschnittlicher
Finanzkraft werden an den Bundesdurchschnitt herangeführt (99,5 %), während
die Steuerkraft der Geberländer durch ihre Ausgleichsbeträge in Richtung des
Durchschnitts absinkt. Im Unterschied zu dem bundesdeutschen Leitbild
verfolgt die Europäische Union zwar auch das Ziel des wirtschaftlichen und
sozialen Zusammenhaltes, der Kohäsion und der Solidarität, ohne jedoch dabei
etwa eine gleichwertige Finanzkraft durch einen Finanzausgleich orientiert am
EU-Durchschnitt herzustellen. Mit dem Kohäsionsfonds
finanziert die EU Projekte in Mitgliedsstaaten mit Pro-Kopf-BIP
von weniger als 90% des
EU-Durchschnitts, mit der Strukturfondsförderung in Ziel-1-Gebieten werden
Projekte in rückständigen Regionen mit Pro-Kopf-BIP von weniger als 75 % des EU-Durchschnitts
finanziert. Ziel ist es, den Rückstand zu verringern (Art. 158
EG-Vertrag) und zum Ausgleich der wichtigsten regionalen Ungleichgewichte in
der Gemeinschaft beizutragen (Art. 160 EG-Vertrag), nicht aber
gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen. |
Zentrale Orte |
Problem: Versorgung der Dorfbevölkerung mit
zentralen Gütern des täglichen, gehobenen und höheren Bedarfs. Nicht jedes Gut bzw. jede
Dienstleistung kann in jedem Ort angeboten werden. Anders als bei dezentralen
Gütern wie Post, Rundfunk, Strom, Telekommunikation, Trinkwasser, die sogar
in jeden Haushalt geliefert werden (flächendeckende Sicherstellung der
Grundversorgung der Bevölkerung bei technischer Infrastruktur, vgl. § 2 Abs.
2 Nr. 4 ROG), bestimmt bei zentralen Gütern die Häufigkeit der Nachfrage die
Reichweite bzw. Mindestgröße eines Marktgebietes (Anzahl von Konsumenten).
Der Begriff „Mantelbevölkerung“ beschreibt dabei die „Mindestbevölkerung im Einzugsbereich
eines zentralen Dienstes, die notwendig ist, um eine Kapazitätsauslastung
bzw. rentablen Betrieb zu gewährleisten“1 Häufig nachgefragte Produkte/DL haben
eine kleine Reichweite bzw. ein kleines Marktgebiet (z.B. Lebensmittel;
Hausarzt), selten nachgefragte Produkte/DL (z.B. Unterhaltungselektronik;
Facharzt, Radiologe) eine große Reichweite bzw. ein großes Marktgebiet. Man
spricht auch von der Tragfähigkeit eines Versorgungsgebietes, wenn die
Anzahl der dort lebenden Konsumenten ausreicht, die benötigten Güter und
Dienstleistungen wirtschaftlich zu tragen. Die Versorgung der Dörfer und
kleinen Siedlungen mit zentralen Gütern war immer die Aufgabe der Städte bzw.
der Orte mit städtischen Funktionen (z.B. Flecken, Marktorte). Aus der Bündelung von
Betrieben mit ähnlich großen Absatzgebieten entsteht ein hierarchisch
gestaffeltes Städtesystem bzw. Zentrale-Orte-System. Lösung: In der Raumordnung hat sich aufgrund
der verschiedenen großen notwendigen Einzugsgebiete ein Zentrale-Orte-System
auf mehreren Ebenen herausgebildet: Kleinzentren, Unter-/Grundzentren
(Kleinstädte), Mittelzentren (Mittelstädte) und Oberzentren (Großstädte), die
von einem Nah-. Mittel- bzw. Oberbereich als Einzugs- bzw. Versorgungsgebiet
umgeben sind. Damit soll die Deckung des Bedarfs aller wichtigen Güter der
Daseinsvorsorge in zumutbarer Entfernung (30-, 60-, 90-Minuten-ÖPNV-Distanz)
gewährleistet werden, indem für jede Stufe Ausstattungsstandards für
öffentliche Einrichtungen, Kultur, Handel und Dienstleistungen definiert
werden, die dort wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. Bündelungsgebot
für soziale Infrastruktur vorrangig in Zentralen Orten, § 2 Abs. 2 Nr.
4 ROG). Die Größe der Einzugsbereiche (km-Radien der Ober- und Mittel- und Nahbereiche)
hängt vor allem von der Bevölkerungsdichte in dem jeweiligen Bundesland ab.
Und je nachdem, ob die Bundesländer der Tragfähigkeit der
Versorgungsbereiche (ausreichende Mantelbevölkerung) oder der Erreichbarkeit
der Einrichtungen den Vorrang geben, ist das Zentrale-Orte-System entweder
klassisch dreigeteilt oder tiefer gegliedert (Kleinzentren, Versorgungsorte,
Teilfunktionen und Funktionsteilungen), teilweise kommt es zu
Funktionsteilungen, ohne dass diese im Raumordnungsplan festgelegt wurden, Bsp.
Theater- und Orchesterverbund Brandenburger Oberzentren. Eine
Festlegung von Zentren in Funktionsteilung ist raumordnerisch sinnvoll,
sofern ein sich ergänzendes Funktionsprofil, Komplementarität statt
Konkurrenz bei den Einrichtungen der Daseinsvorsorge, gemeinsamer
Versorgungsbereich, angemessene räumliche Nähe zueinander und im
Versorgungsbereich, verkehrliche Verbindung untereinander und zum
Versorgungsbereich sowie der Wille zur Kooperation (Bsp.
raumordnerischer Vertrag) besteht. Aufgrund der
ständig wachsenden Mobilität und des stark vergrößerten Aktionsradius der
Bevölkerung (Motorisierung, Straßenbau) und der daraus erwachsenden
Mehrfachorientierung beim Konsum zentralörtlicher Güter und Dienstleistungen
verliert die Frage der Erreichbarkeit gegenüber den Tragfähigkeitsproblemen
in Schrumpfungsregionen an Bedeutung. Das Zentrale-Orte-System eignet sich
insbesondere zur Steuerung von fünf raumbedeutsamen Bereichen: Wohnsiedlungstätigkeit, Gewerbliche
und industrielle Nutzung (große Mittelzentren und Oberzentren),
Versorgung/(großflächiger) Einzelhandel, Zentralörtliche
Einrichtungen/Infrastruktur sowie Verkehrinfrastruktur, wobei diese
Funktionen je nach zentraler Stufe unterschiedlich ausgesprägt sind. Zentrale
Orte wirken auf der Makroebene durch ihre zentrale Lage im Einzugsgebiet und
auf der Mikroebene durch die Mischung der verschiedenen Funktionen (zumindest
auf der Ortsebene) verkehrsminimierend. In der Summe integriert das Zentrale-Orte-Konzept die
Dimensionen der Nachhaltigkeitstriade „Ökonomie, Ökologie und Soziales
(Daseinsvorsorge)“ besser als konkurrierende Konzepte (Bsp. Städtenetze). Das
Zentrale-Orte-System ist kein statisches Siedlungsstrukturmodell, es ist der Dynamik
gesellschaftlicher Trends unterworfen. „Das BBR stuft
· Mittelzentren
als in ihrer Tragfähigkeit gefährdet beziehungsweise stark gefährdet
ein, wenn sie ... unter dem Schwellenwert von 35.000 Einwohnern im
Verflechtungsbereich liegen; · Oberzentren,
wenn sie ... unter den Schwellenwert von 300.000 Einwohnern im
Verflechtungsbereich liegen. Erreichbarkeit Lit.: 1
Hartmut Leser: Diercke Wörterbuch Allgemeine Geographie. Westermann dtv, S.
492, München, 1997; Walter Christalla: Die zentralen Orte in Süddeutschland, eine
ökonomisch-geographische Untersuchung über die
Gesetzmäßigkeiten der Verbreitung und Entwicklung der Siedlungen mit städtischen
Funktionen“, 1933. MKRO-Entschließungen vom 8.2.1968 (UZ), 15.6.1972 (MZ) und
16.6.1983 (OZ); Blotevogel: Theorie der Zentralen Orte; Gerhard Stiens, Doris Pick: Die
Zentralen-Orte-Systeme der Bundesländer, RuR 5/6 1998. Hans H. Blotevogel (Hrsg.): Fortentwicklung des
Zentrale-Orte-Konzepts, ARL, Hannover 2002. |
Dezentrale Konzentration |
Problem: monozentrische Siedlungsstruktur,
schädliches Ballungsraumwachstum bzw. überlastete Verdichtungsräume, Verkehrsstau,
Umweltbelastung Lösung: Umverteilungskonzept kleinräumig: Entlastungsorte in Randlage der
Verdichtungsräume ausbauen (innerregionales Ausgleichskonzept). Gartenstadtkonzept
von Ebenezer Howard; New Tows Act 1946 in Großbritannien, Entlastung von London und großräumig: Entwicklungs-, Wachstums- und
Agglomerationsförderung für Oberzentren und große Mittelzentren außerhalb des
Ballungsraumes („leistungsfähige Zentrale Orte“, § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG),
Entlastung des Metropolenraumes (Flächenrestriktionen in Kernstadt und
Umland), Umsteuerung hin zu Regionalen Entwicklungszentren, die auch zugleich
Auffangorte für abwanderungsbereite Einwohner aus peripher-ländlichen
Gebieten sind und von denen zugleich Entwicklungsimpulse in den ländlichen
Raum ausgehen (s. gleichwertige Lebensverhältnisse); großräumige
Dezentralisierung bei kleinräumiger Konzentration (s. Wachstumspole).
Bedeutung einer hinreichenden Ausstattung mit mittel- und oberzentralen
Funktionen für daraus folgende brancheninterne und externe Agglomerationsvorteile.
Stärkung der Polyzentralität, Entwicklung einer großräumig ausgewogenen
Siedlungsstruktur. |
Wachstumspole |
Problem: Wachstum findet räumlich polarisiert
statt, ungleiches ökonomisches Wachstums, Polarisationstheorie, Jean Perroux,
Lasuén (1973), mit zunehmender Stadtgröße bzw. Zentralität bessere
Standortvoraussetzungen für industrielles Wachstum in der Form sektoraler
Unternehmenscluster. Lösung: Wachstumspole bzw. Förderstädte so
im Raum verteilen, dass sie als regionale
Arbeitsmarktzentren/Einpendlerstädte in den ländlichen Raum ausstrahlen,
abwanderungsbereite Menschen aus dem ländlichen Raum binden und regionale
Arbeitsteilung (Zulieferbeziehungen) begünstigen. Die hinreichende
Ausstattung mit zentralen Funktionen für daraus folgende brancheninterne und
externe Agglomerationsvorteile ist zu sichern. Trend: Produzierendes Gewerbe
zieht sich seit zwei Jahrzehnten aus den meisten großen Zentren in das Umland
zurück (Entindustrialisierungsprozess durch Suburbanisierung), Straßentransport
statt Schiene. Nicht mehr die Stadt, sondern die Stadtregion ist
Wachstumspol. Das Schwerpunktortekonzept kann zum Gestaltungsmittel der
Strukturpolitik (s. Dezentrale Konzentration) bzw. Regionalpolitik werden
(Förderung der gewerblichen Wirtschaft - GA, Verstärkung von
Agglomerationsvorteilen statt flächenhafter Förderung). Problem: Bestimmung
der Polgröße, ab der räumliche Impuls- und Verstärkungseffekte auftreten bzw.
Optimum erreichen. Gegenwärtig steht bei der GA-Förderung die Bindung an
Fördergebiete (strukturschwache Regionen) und Förderbranchen
(Exportbasis-Ansatz) im Vordergrund, weniger an Schwerpunktorte. Die Länder
können jedoch innerhalb der Fördergebiete Förderschwerpunkte bestimmen. Bsp.
Brandenburg: Neuausrichtung der Förderpolitik („Stärken stärken“ durch
regionale und sektorale Fokussierung von Landesmitteln) in der Wirtschaftsförderung
auf Branchenkompetenzfelder
und Branchenschwerpunktorte, darüber hinaus in weiteren wachstumsrelevanten Förderprogrammen
und Haushaltsansätzen auf regionale
Wachstumskerne (RWK) (vgl. Zweiter
Bericht IMAG Aufbau Ost, S.
5, Vorschläge zu den RWK u.a. in den Bereichen Arbeit, Bildung, Wissenschaft,
Städtebau, Verkehr, Kultur) |
Funktionsräume |
Problem: schädliches Ballungsraumwachstum,
Disparitäten; vgl. Dezentrale Konzentration, Wachstumspole Lösung: System begrenzter Agglomerationen
(Mindestgröße: 100.000 Einwohner, Förderung von 50 - 80 Städten), die mit Ballungsräumen
konkurrieren können, Stadt-Land-Arbeitsteilung kleinräumig. Ende 1960er bis
1980er Jahre; vgl. Detlef Marx, Rainer
Thoss, Beirat für Raumordnung des BMBau |
großräumig-funktionale Arbeitsteilung und Vorranggebiete |
Problem: Freiflächenverbrauch, Überformung der
Landschaft, ökologische Schäden Lösung: Arbeitsteilung großräumig je nach
Begabung der Teilräume, keine ausgeglichenen Funktionsräume schaffen; Abschied nehmen von schädlicher interregionaler Nivellierungspolitik (gleichwertige Lebensverhältnisse).
Die alte Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land fördern, flächendeckende
Industrialisierungsstrategie der ländlichen Räume verursacht irreparable ökologische
Schäden der dortigen noch intakten Naturräume. 1970er Jahre, H. Weyl und K. H.
Hübler ROG-Grundsätze zum ländlichen Raum:
„Ländliche Räume sind als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger
Bedeutung zu entwickeln. Eine ausgewogene Bevölkerungsstruktur ist zu
fördern. Die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der
teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen. Die ökologischen Funktionen der
ländlichen Räume sind auch in ihrer Bedeutung für den Gesamtraum zu
erhalten.“ §
2 Abs. 2 Nr. 6 ROG |
Städtenetze |
Problem: IV-Motorisierung verschärft
Stadt-Umland-Konkurrenz (Suburbanisierung), löst traditionelle Verflechtungs-
und Einzugsbereiche auf (großflächiger Einzelhandel); größerer Aktionsraum
des Bürgers schafft Wahlfreiheit bei Nachfrage nach zentralen Gütern,
Aufrechterhaltung von Versorgungsstandards/Regelausstattung wird zu
kostspielig, da die Auslastung aufgrund von Mehrfachorientierungen der
Konsumenten nicht gesichert ist. Bedeutungsverluste der Städte. Lösung: Städte stärken sich durch Vernetzung
und Verbund bei gemeinsamen Interessen im Bereich zentralörtlicher (Bsp.
Theater- und Orchesterverbund Brandenburger Oberzentren) und jenseits zentralörtlicher
Versorgungsaufgaben (historisch: Hanse, Handelsbündnis; heute:
Stadtmarketing, Städtetourismus, Wirtschaftsförderung). Dabei kommt es ggf.
auch zur Arbeitsteilung zwischen Städten im intraregionalen Bereich, jeder
investiert in Alleinstellungsmerkmale, spezialisierte Angebote mit hoher
Attraktivität, höherer Aktionsradius durch Vollmotorisierung schafft
Voraussetzung für Nachfrage im Städtenetzraum, Vermeidung kostenträchtiger
Parallelinvestitionen. Problematisch ist eine solche Arbeitsteilung im
Bereich der zentralörtlichen (Nah-)Versorgungsinfrastruktur, wenn die
Netzpartner weiter auseinander liegen, da sich dadurch die Anzahl und Länge
der Wege für den Konsumenten erhöhen. Das dem ZO-Ansatz zugrundeliegende
verkehrsminimale Prinzip wird dadurch aufgehoben (s.o. Zentrale Orte) ;
1990er Jahre, Raumordnungspolitischer Orientierungsrahmen 1993; Gerhard
Stiens, Doris Pick, Die Zentralen-Orte-Systeme der Bundesländer, RuR 5/6,
1998 |
Problem: Globalisierungseffekte führen in entwickelten
Hochlohnländern zu einem Exodus der standardisierten Massenproduktionen
hinein in Billiglohnländer. Lösung: Zukunft in Handwerk und Industrie
für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Großbetriebe mit hoher Innovationsfähigkeit,
flexibler Fertigung bei gleichzeitiger Spezialisierung mit enger
kommunikativer Vernetzung zu Zulieferern für die laufende Abstimmung
flexibler Produktionen bei immer kürzeren Produktzyklen. Auf Ebene
überschaubarer Regionen können Transaktionskosten für wirtschaftliches
„Networking“ minimiert sowie
Ballungsprozesse und Wachstum durch horizontale (Konkurrenten, die im
Wettbewerb miteinander stehen, sich intensiv beobachten und am
Innovationswettlauf teilnehmen) und vertikale Dimension (Verflechtung über
Zuliefer- und Absatzbeziehungen) induziert werden. Bsp. Drittes Italien in
den traditionellen Branchen Textil, Kleidung, Schuhe, Leder, Keramik, vgl.
Harald Bathelt u.a,
Wirtschaftsgeographie, 2. Aufl. 2003, S. 182f |
|
Raumentwicklung |
Problem: Freiflächenverbrauch,
Siedlungsdispersion, Verkehrswachstum Lösung: Eindämmung Flächenverbrauch,
Zukunftsfähigkeit des Siedlungssystems offen halten (intergenerativ),
Verkehrsvermeidung, Konzentration, Bündelung, Nähe statt Ferne,
intraregionale Stoffkreisläufe, Beschaffung und Absatz in der Region,
Tragekapazität des Raumes (Ressourcenverbrauch) möglichst nicht
überschreiten; ROG 1998 |
Konkurrierende Leitbilder
Ausgleich versus Wachstum |
„Auslöser für diese Debatte
sind niedrige Wachstumsraten und die Finanzmisere der öffentlichen
Haushalte.“ Erich Tilkorn, Wolfgang Roters, Rainer Danielzyk (10. Konferenz,
s.u.). „Über
lange Zeit konnte man beides gleichzeitig tun: (1) den Wünschen der
wirtschaftlich starken Städte durch verbesserte Infrastruktur
entsprechen...und (2) mit den auf regionalen Ausgleich bedachten
Politikbereichen wie der Raumplanung, aber auch dem horizontalen
Finanzausgleich zwischen Ländern und zwischen Kommunen, breit gestreut in der
Fläche fördern. Mit knapperen Mitteln wird die Frage drängender, wo diese
denn "am besten" verwendet werden, eher (oder nur?) für
Ausgleichszwecke oder eher (oder nur?) für Wachstumszwecke.“ Horst
Zimmermann.
Ausgleich versus
Wachstum –
Paradigmenwechsel in der räumlichen Planung? 10. Konferenz für
Planerinnen und Planer NRW am 04. November 2004 im Wissenschaftspark
Gelsenkirchen. „Die
GA [Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur]
ist Ausgleichs- und Wachstumsinstrument zugleich. Sie ist
Ausgleichsinstrument, weil sie nach dem Prinzip der Subsidiarität auf strukturschwache
Regionen begrenzt ist. Sie ist zugleich Wachstumsinstrument, weil sie einen
investiven, nicht konsumtiven Ansatz verfolgt.“
(BMWi) Ob der öffentliche Mitteleinsatz dem Ausgleich
dient oder dem Wachstum, ist nicht leicht zu beantworten. Eine Unterscheidung
nach der Verwendung für „Konsum“ oder „Investition“ hilft
zunächst weiter. Gelder der sozialen Sicherung können zum Ausgleich gerechnet
werden, da sie hauptsächlich für den privaten
Konsum ausgegeben werden. Insbesondere die umfangreichen Transfers
der Sozialversicherung (Arbeitslosengeld, Lohnzuschüsse und
Rente), aber auch die nachrangige Sozialhilfe und das Wohngeld gewährleisten
eine „geräuschlose Basissicherung“ und Stabilisierung strukturschwacher
Regionen (Zarth
u. a.). Länderfinanzausgleich (LFA) und
Bundesergänzungszuweisungen (BEZ
bzw. SoBEZ – Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen) dienen
zwar ebenfalls dem Ausgleich,
diese nicht zweckgebundenen Mittel können von den Ländern aber durchaus auch
investiv für eine wachstumsorientierte Strukturpolitik verwendet werden.
Brandenburg hat 2007 insgesamt 97 Prozent der SoBeZ für Investitionen
eingesetzt und so die „Infrastrukturlücke“ gegenüber den alten Bundesländern
verkleinert. Darüber hinaus ist es abhängig von der räumlichen Betrachtungsebene
(national, regional), ob öffentliche Mittel dem Ausgleich oder Wachstum
zugerechnet werden. Gesamtwirtschaftlich betrachtet dient die GA-GRW dem Ausgleich,
regional gesehen können die Mittel wachstumsfördernd wirken. Nicht jede
Investition taugt nach Ansicht von Lammers
für das Prädikat „wachstumsfördernd“: „Regionaler Strukturpolitik [sind]
nicht schon deshalb wachstumsfördernde Wirkungen zuzusprechen, weil durch sie
private und öffentliche Investitionen unterstützt werden. Für die geförderten
Regionen mag es einen positiven Impuls geben, bei gesamtwirtschaftlicher
Perspektive ist indes der Ressourcenentzug in anderen Regionen in Rechnung zu
stellen, der die gesamtwirtschaftliche Wachstumsbilanz belastet...“ „Je
umfassender und kleinräumiger das Ausgleichsziel verfolgt wird, desto größer
sind vermutlich heute die gesamtwirtschaftlichen Effizienzeinbußen.“
Allerdings soll regionale Strukturpolitik mittels GA nicht in erster Linie
das gesamtwirtschaftliche Wachstum erhöhen, sondern den Rückstand
strukturschwacher Regionen verringern. Ziel ist, „in schwachen Regionen die
Stärken zu stärken“ (Richter,
2006). „Auf die Förderung strukturstarker Regionen wird dagegen
bewusst verzichtet. Die
strukturstarken Regionen sind gefordert, aus eigener Kraft den Anschluss an
die Wettbewerbsfähigkeit zu halten.“ (BMWi).
Zu ihnen zählen insbesondere die Metropolregionen
in den alten Bundesländern. Die Aufgabe der Bundespolitik beschränkt sich in
diesem Falle darauf, durch günstige allgemeine Rahmenbedingungen die Konkurrenzfähigkeit des
Standorts Deutschland zu erhöhen.
Eine nationale Spitzenförderung - etwa wie im Sport oder den Künsten - mit
dem Ziel gesamtwirtschaftlicher Wachstumseffekte besteht bisher nur im
Bereich der Wissenschafts- und Innovationspolitik des BMBF (Exzellenzinitiative
für Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen, Hightech-Strategie,
Spitzencluster).
Sparzwänge in den Ländern mit
GA-Fördergebieten haben ab 2005 einen Paradigmenwechsel vom ausgleichsorientierten
hin zum wachstumsorientierten Fördermitteleinsatz eingeleitet und zum
„Abschied von der Gießkanne“ geführt. Durch eine stärkere räumliche und
sektorale Konzentration der GA/GRW-Mittel und auch anderer Ressortförderungen
auf Wachstumskerne und Branchencluster
sollen Agglomerationsvorteile für eine größere Fördereffizienz nutzbar
gemacht werden. Die strukturschwachen Gebiete sollen indirekt über die
Ausstrahlungseffekte der Agglomerationen mitgezogen werden (Arbeitsmarktzentren/Einpendlerstädte,
Bindung abwanderungsbereiter Menschen aus dem ländlichen Raum und regionale
Arbeitsteilung/ Zulieferbeziehungen). Im Übrigen bleibt ein breites Spektrum
von Fördermaßnahmen und Investitionsanreizen „für die Fläche“, u.a. die Investitionszulage, Einspeisevergütung
für erneuerbare Energien, Bundesverkehrswege, Instrumente für den ländlichen
Raum, aktive Arbeitsmarktpolitik wie auch die öffentliche Daseinsvorsorge
(Bildung, Gesundheit, Soziales, Kultur, Ver- und Entsorgung mit Energie,
Wasser, Abwasser, Abfall, ÖPNV, Post, Telekom, Rundfunk). |
Verdichtungsräume versus ländliche Räume |
Problem: Ein tief ins Umland sich erstreckender
Ordnungsraum in Verdichtungsräumen (Stichwort „Entlastungsorte“, Achsenendpunkte,
Siedlungsachsen) entzieht dem ländlichen Raum das nötige
Entwicklungspotential. „Mit dem Konzept der Ordnungsräume wird die
Entwicklung ländlicher Regionen mittels Entwicklungszentren ... hintangestellt,
d.h. der Abbau großräumiger Disparitäten bleibt unberücksichtigt... die
Ordnung des Umlandes von Verdichtungsräumen aufgrund des hier weiterhin zu
erwartenden Wachstumsdrucks herausgestellt“ (Dietrichs, 1986, S. 218). |
Entwicklungszentren versus |
Entwicklungszentren: Überlastung der Verdichtungsräume
raumübergreifend entgegenwirken durch gezielten Ausbau von Ober- und großen
Mittelzentren (s. Dezentrale Konzentration, ausgeglichene Funktionsräume) außerhalb
des Verdichtungsraumes, um damit zugleich Entwicklungsimpulse in den
ländlichen Raum zu bringen (s. gleichwertige Lebensverhältnisse) o
Entlastungsorte: Überlastung der Verdichtungsräume
durch Ausbau von Orten in Randlage der Verdichtungsräume entgegenwirken
(innerregionales Ausgleichskonzept) (Dietrichs, 1986, S. 220). |
Entwicklungszentren versus Zentrale Orte |
„Das Konzept der
Entwicklungsschwerpunkte ergänzt und erweitert das Zentrale-Orte-Konzept
durch die Standortkonzentration von Wohn- und Arbeitsstätten. Da die
zentralen Orte bereits vom theoretischen Ansatz her die originären Konzentrationspunkte
für Einwohner sowie Betriebe und Einrichtungen des tertiären
Wirtschaftssektors innerhalb der Siedlungsstruktur darstellen, liegt die Betonung
bei dieser zusätzlichen Funktion auf der Standortkonzentration von Betrieben
des sekundären Sektors in diesen Zentralorten. Dadurch soll die in der
Beschränkung zentraler Orte auf die Versorgungsfunktion liegende Schwäche des
Zentrale-Orte-Konzeptes überwunden werden...In der Regel dürften nur
Oberzentren und allenfalls noch größere Mittelzentren mit den Zentren
regionaler Arbeitsmärkte zusammenfallen...“ (Dietrichs, 1986, S. 71). Nach Auffassung des Bundes
sollte wegen des begrenzten Entwicklungspotentials und des größtmöglichen
Förderungseffektes nur eine geringe Anzahl von leistungsfähigen Ober- und
Mittelzentren in strukturschwachen Räumen als Entwicklungszentren ausgebaut
werden, die als Entwicklungszentren das System der Zentrale Orte überlagern.
Der Bund wollte damit „gewährleisten, dass eine großräumig dezentralisierte
Konzentration in der Siedlungsstruktur des Bundesgebietes erreicht wird“. Das
Oberziel gleichwertiger Lebensbedingungen erfordere eine leistungsfähige
Siedlungsstruktur. Das sollte sich auch im Fördermitteleinsatz
niederschlagen. Die Länder sahen mehrheitlich darin eine Schwächung und einen
Zentralitätsverlust der Grund- und Kleinzentren und einen raumordnerischen
Rückzug aus der Fläche. Lit. Bruno Dietrichs: Konzeptionen und Instrumente der Raumplanung:
Eine Systematisierung, Hannover, Vincentz, 1986, Veröffentlichungen der ARL,
Band 89, 224f. |
Großräumige (Vorranggebiete) versus
intraregionale funktionsräumliche Arbeitsteilung (ausgeglichene
Funktionsräume) |
Großräumig funktionsräumliche
Arbeitsteilung meint die zwischen Verdichtungsräumen und ländlichen Gebieten,
intraregionale Arbeitsteilung ist ohne überregionale arbeitsteilige Bezüge. Argumente pro großräumiger
Arbeitsteilung: Vorrang- bzw. Freiraumfunktionen mit überregionaler Bedeutung
sind so ungleich im Raum verteilt, dass sie sich nicht auf ein Regionenraster
aufteilen lassen (Bsp. Wasserversorgungsgebiete und Erholungsgebiete), eine
intraregionale Funktionenvielfalt ist daher nicht zweckmäßig und müsste
außerdem auch den Siedlungsausbau im ländlichen Raum zu Lasten der
Verdichtungsräume einschließen. Das hohe Naturraumpotential und die
Umweltqualität der unbelasteten ländlichen Räume sollte nicht einer
ausgeglichenen Industrialisierung geopfert werden. „Eine den Vorrangfunktionen
entsprechend spezialisierte und damit häufig ausgedünnte Siedlungs- und
Infrastruktur würde keine Strukturdefizite ... mehr aufweisen und die
Raumordnungspolitik infolgedessen von ihren bisherigen Dezentralisierungsversuchen
befreien.“ (Dietrichs,
1986, S. 238) |
aktive versus passive Sanierung in Rückstandsgebieten |
aktive Sanierung: Umlenkung sekundären
und tertiären Investitionskapitals in Rückstandsgebiete (z.B. in
Entwicklungszentren) passive Sanierung: Unterlassen der Förderung
in Rückstandsgebieten, Hinnehmen der Abwanderung suboptimal eingesetzter
Erwerbsbevölkerung. Passive Sanierung wird von der
Raumordnung nur kleinräumig als vertretbar angesehen (Abwanderung aus Dörfern
und kleinen Zentren), wenn in der betreffenden Rückstandsregion durch
Förderung eines Entwicklungszentrums (mind. Ober- bzw. Mittelzentrum)
zugleich ein Auffangpunkt für die sonst in die Verdichtungsräume abwandernde
Erwerbsbevölkerung geschaffen wird (innerregionale Konzentration der
stagnierenden oder schrumpfenden Regionsbevölkerung in Entwicklungszentren)
(Dietrichs,
1986, S. 232f). |
Disparitäten
(Ungleichheiten):
= „ungleiche Lebensbedingungen innerhalb eines genau definierten Raumes in
sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht (Arbeitsplätze, Dienstleistungen,
Infrastruktur)…[< lat. disparatum "abgesondert, getrennt"; zu
disparare]“, wikipedia.
kleinräumige
Disparitäten: |
Stadt-Land-Gegensatz;
auch bei Leitbildern DezKonz, aF, VorrangG nicht vermeidbar |
großräumige
Disparitäten: |
weltweit:
Zentrum-Peripherie-Gefälle, Europa: West-Ost-Gefälle, "Blaue
Banane"; Deutschland: Süd-Nord-Gefälle, West-Ost-Gefälle;
Ballungsraum/ländlicher Raum |
Finanzausgleich zwischen den Ländern und den Bund (horizontal,
vertikal)
Leitbild: gleichwertige Lebensverhältnis
(Art. 72 GG), Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse (Art. 106 GG); Gleichheits-/Einheitlichkeits-/Solidar-Föderalismus
(kein Konsolidierungsanreiz, sondern „Prämie auf Verarmung“, Nivellierung),
sozialer Bundesstaat (Art. 20 GG)
Gegenmodell: Subsidiarität (Hilfe zur
Selbsthilfe), Eigenverantwortung, Wettbewerbsföderalismus, Fiskalföderalismus
Vorgeschaltete
Stufen:
¨
Zerlegung
der Einkommen- und der Körperschaftsteuer
¨ Umsatzsteuervorwegausgleich:
¨ vertikal: gem. § 106 Abs
3, Satz 4 und Abs. 4, Satz 1 GG: Drei Viertel der Umverteilungsmasse nach der Einwohnerzahl
¨ horizontal:
gem. § 107 Abs.
1, Satz 4 GG: ein Viertel zur Anhebung des Durchschnitts steuerschwacher Länder
bis auf 92 % (Bsp.: Sachsen-Anhalt: 34 %) (Ergänzungsanteile zur Verminderung
besonders großer Unterschiede bei den Einnahmen, vgl. § 5 Maßstäbegesetz)
1.
Länderfinanzausgleich
(horizontaler
Finanzausgleich) (Art. 107 Abs. 1 u. 2 GG) zur Wahrung einheitlicher
Lebensverhältnisse (Art. 72 Abs.2, Art. 106 Abs. 3 Nr. 2 GG). Ausgleich der
Finanzkraft, so dass jedes Land mindestens 95 % des Bundesdurchschnitts
aufweist. 35 % höhere Einwohnergewichtung der Stadtstaaten
(Stadtstaatenprivileg). Volumen 16,3 Mrd. DM (2000).
2.
Ergänzungszuweisungen des Bundes (vertikaler Finanzausgleich) im Anschluss an den horizontalen
Länderfinanzausgleich zur allgemeinen Deckung des dann noch bestehenden
Finanzbedarfs, Ausgleich der Finanzkraft bis auf 99,5 % des
Bundesdurchschnitts. Volumen 26,1 Mrd. DM (2000)
3.
Ausgleich für Sonderbelastungen Art. 106 Abs. 8 GG (Mehrausgaben/Mindereinnahmen)
(Bsp. Bundeswehrgarnisonen): Empfänger: einzelne Länder und Gemeinden
4. Gemeinschaftsaufgaben Art. 91a GG: Mitwirkung des
Bundes bei für die Gesamtheit bedeutsamen Länderaufgaben, sofern zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich:
1. Ausbau und Neubau von
Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken,
2. Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur,
3. Verbesserung der Agrarstruktur
und des Küstenschutzes
5.
Finanzhilfen
für bedeutsame Investitionen
der Länder und Gemeinden, die zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft
oder zur Förderung wirtschaftlichen Wachstum erforderlich sind (Art. 104a Abs.
4 GG).
- - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
Hilfen
des Bundes für bestimmte Branchen und Personengruppen:
6.
Subventionen (Finanzhilfen,
Steuervergünstigungen) zum Schutz bestimmter Wirtschaftszweige (Härten der
Marktpreisbildung ausgleichen: Bsp. Steinkohlebeihilfe) oder zur Förderung
gesellschaftspolitischer Ziele (Bsp. Eigentumsbildung: Eigenheimzulage)
7.
Soziale
Leistungen:
Zuschüsse an private Haushalte bzw. Personen zur wirtschaftlichen Sicherung:
u.a. Wohngeld, Erziehungsgeld, Kindergeld, Jugendhilfe, Sozialhilfe, Bafög
Finanzausgleich: Art. 106 Abs. 3 GG: „Anspruch auf Deckung der notwendigen Ausgaben“;
„Ausgleich der Deckungsbedürfnisse erzielen“, Art. 107 Abs. 3 GG:
„unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgleichen“
Dynamik
Zentrale-Orte-Dynamik
Das Zentrale-Orte-System
ist kein statisches Modell der Siedlungsstruktur, dass sich äußeren Einflüssen
gegenüber neutral verhält. Aus den großen gesellschaftlichen Trends wie
·
steigendes
Lohnniveau/Kaufkraft,
·
Individualisierung/Motorisierung,
·
(Preis-/Standort-)Wettbewerb:
-
Globalisierung/Rationalisierung
(Senkung von Betriebskosten/Fertigungstiefen), Deregulierung;
-
Europäisierung/europäische
Integration (Übergang zu europaweitem Wettbewerb auch in öffentlichen Bereichen
der Daseinsvorsorge (z.B. Verkehr, Wasserversorgung, Krankenhäuser),
Tertiärisierung; Digitalisierung (Internet)
·
demografischer
Wandel: „weniger, älter, bunter“, u.a. Geburtendefizit, das nicht mehr durch
Zuwanderung ausgeglichen wird, Alterung u.a. durch steigende Lebenserwartung,
steigende Alterslast, Verhältnis Rentner/Erwerbsbevölkerung, steigender Anteil
von Menschen mit Migrationshintergrund)
folgen
·
Suburbanisierung,
Ballung; Ost-West-Wanderung, Entwicklungsgefälle Süd-Nord, West-Ost innerhalb
Deutschlands, Schrumpfung,
·
beständig sinkende
Raumwiderstände, höhere Erreichbarkeiten durch Individualverkehr
·
Konzentrationsprozesse
bei Dienstleistung und Einzelhandel,
·
Krise der
öffentlichen Haushalte und des Sozialstaates; Privatisierung öffentlicher Aufgaben,
·
Ausdehnung von
Versorgungsbereichen für soziale Infrastruktur wie Schulen und andere
öffentliche Dienste sowie
·
Gemeindegebietsreformen,
die zu neuen
Verflechtungsmustern zwischen den Städten und den zu versorgenden Gemeinden
führen und Impulsgeber in der Raumentwicklung sind. Die Aufgabe der Raumordnung
muss es sein, diesen Größensprung nachzuvollziehen und Zentrale Orte da zu
benennen, wo eine Mantelbevölkerung vorhanden ist, die fähig ist, eine
leistungsfähige soziale Infrastruktur zu tragen. Erst unter dieser
Voraussetzung können Zentrale Orte ihre ordnende Rolle im Raum wahrnehmen und
ökonomisch (wirtschaftliche Betriebsgrößen), ökologisch (Minimierung von
Verkehr/Emissionen/Ressourcenverbrauch) und sozial (gleichmäßige Versorgung in
der Fläche) die Forderung an eine nachhaltige Raumnutzung einlösen.
Kleinzentren mit einer Mantelbevölkerung von 5.000 Einwohnern erfüllen diese
Voraussetzungen regelmäßig nicht mehr. Heute ist eine Mindestbevölkerung von
10.000 Einwohnern für den Grundbedarf an sozialer Infrastruktur anzusetzen.
Beispiel
Brandenburg
administrativ:
1995 gab es in Brandenburg 1700 Gemeinden. Nach Abschluss der Gemeindegebietsreform von 2003
verringerte sich die Zahl auf 436 Gemeinden, das heißt im Durchschnitt ist jede
Gemeinde heute viermal so groß wie 1995. Außerhalb der Gemeindegrenze liegende
Nahbereiche, in denen die umliegenden Dörfer versorgt wurden, sind jetzt überwiegend
eingemeindet, d.h. als Zentrale Orte sind nicht mehr wie früher ganze Gemeinden
anzusehen, sondern nur noch bestimmte Orte (Hauptorte) innerhalb dieser
Gemeinden.
demografisch: ein massiver Geburtenrückgang nach
der Wende („Wendeknick“) sowie Zu- und Abwanderungen verändern den Bedarf an
sozialer Infrastruktur gravierend, vor allem im Betreuungs- und
Bildungsbereich: Krippen, Kitas, Horte, Grundschulen,
Realschulen, Gesamtschulen, Gymnasien, Oberstufenzentren sind bereits bzw.
werden in Zukunft zu einem Drittel (Grundschule) bis zur Hälfte geschlossen.
Gesicherte Schulstandorte konzentrieren sich auf Zentrale Orte ab Grundzentren
mit Teilfunktion Mittelzentren. Für die Schulnetzplanung wird zur Bestimmung
ausreichend großer Schuleinzugsgebiete das Verhältnis eines Schülerjahrgangs
zur Gesamtbevölkerung herangezogen. Die heute 15-Jährigen haben beispielsweise
einen Anteil von 1,5 % an der Gesamtbevölkerung, während es beim Neugeborenen-Jahrgang
von 2003 nur 0,7% sind. Das bedeutet, dass für eine Sekundarschule gleicher
Größe (2-zügig, 20 Schüler je Klasse abzüglich Gymnasiasten und Schülern an
Privatschulen) heute ein Einzugsgebiet mit 4.200 EW erforderlich ist, in
Zukunft aber, wenn die Neugeborenen die Grundschule verlassen, erst mehr als
doppelt so viel, nämlich 9.000 Einwohner, die Schule tragen würden
(Mantelbevölkerung). Zurückgehende Einwohnerzahlen haben zugleich sinkende
Steuereinnahmen und Ausgleichszahllungen des Landes zur Folge
(Pro-Kopf-Bemessung).
finanzpolitisch: degressive Ausgestaltung Soli II ab 2008, Sparzwang
verschärft sich weiter aufgrund Einwohnerrückgang (einwohnerabhängiger
Länderfinanzausgleich).
gesellschaftlich (Motorisierung, Internet): Seit 1995 haben Motorisierung
und der Zugang zum Internet die allgemeine Mobilität grundlegend verbessert.
Bei der Motorisierung gibt es
zudem ein ausgeprägtes Land-Stadt-Gefälle: In den ländlichen Gemeinden verfügen
mehr Menschen über einen Pkw als in den Städten. So wuchs allein im Zeitraum
von 1995-2000 in der Gemeinde Karstädt (Prignitz) an der Grenze zu
Mecklenburg-Vorpommern die Pkw-Dichte von 465 auf 554 Pkw je 1000 Einwohner,
während sie in Berlin nur von 352 auf 362 Pkw je 1000 Einwohner anstieg. Dazu
kommt, dass die Gruppe der älteren Frauen, die bisher mangels eines
Führerscheins am stärksten auf den ÖPNV angewiesen war, in der
PKW-Verfügbarkeit von Jahr zu Jahr aufgeholt hat. Mit dem Internet steht jetzt ein Kommunikationsmedium
zur Verfügung, dass bisher zentral angesiedelte Dienstleistungen wie Einzelhandel
und Behördendienste auch in die Fläche bringt („E-Commerce“, „Internethandel“;
„E-Government“). Deutschland ist auf diesem Feld Vorreiter in Europa und könnte
bis
Ende dieses Jahrzehnts den Anteil des Internet-Umsatzes am Produktionswert auf
14,5 % wie in den USA steigern. Die elektronische
Erfassung aller Verwaltungsvorschriften im Land Brandenburg (ursprünglicher
Termin: Ende 2004) und E-Mail-Verbindungen zu Geschäftsbereichen und
Ansprechpartnern der
öffentlichen Verwaltung in Gemeinden, Kreisen und auf Landesebene verschafft
den Bürgern einen orts- und zeitunabhängigen Zugang zur Verwaltung, so dass es
in Zukunft heißen kann: „Die Daten der Verwaltung und des Bürgers reisen, nicht
der Bürger“.
raumordnerisch
Suburbanisierung: Die nach der Wende auch in Ostdeutschland
einsetzende und von der Motorisierung beförderte Stadtflucht in die
Umlandgemeinden hat zu rapiden Bevölkerungsverlusten in der Kernstädte geführt
und ist neben der Fernwanderung in die alten Bundesländer und dem Geburtenknick
der dritte wesentliche Grund, warum Zentrale Orte ihre im LEP I geforderte
Mindesteinwohnerzahl nicht erreicht haben.
verkehrlich (ÖPNV,
Straßen): Straßenneu, Straßenausbau und Ortsumgehungen
haben die Reisezeiten sowohl im Individualverkehr als auch im ÖPNV verkürzt, der
Aktionsradius des Einzelnen hat sich durch höhere Reisegeschwindigkeiten sowohl
auf der Straße wie auf der Schiene vergrößert.
Zusammen mit der stark angewachsenen Motorisierung gerade in den
ländlichen Gemeinden ergibt sich damit für den Verbraucher eine Wahlfreiheit
für seine Versorgungswege, bisherige Einzugs- und Verflechtungsbereiche von
Zentralen Orten verlieren stark an Bedeutung (Mehrfachorientierung der
Verbraucher). Die noch im LEP I beklagte fehlende Versorgungsgerechtigkeit
und das „zu weitmaschige Netz von Grundzentren“, das zur Einführung von
Kleinzentren führte, können unter den jetzigen Mobilitätsbedingungen auf dem
Lande nicht mehr handlungsleitend sein. Von den 153 Zentralen Orten, die im LEP
I und den Regionalplänen festgelegt wurden, besitzen 44 Gemeinden kein
Stadtrecht (1 Mittelzentrum, 14 Grundzentren, 29 Kleinzentren), d.h. es handelt
sich um größere Gemeinden, die aber nach Siedlungsform und ihren
kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen keinen städtischen Charakter
haben (vgl. § 11 Abs. 2 GO), bei denen also davon ausgegangen werden kann, dass
sie nur bei einzelnen Funktionen eine Versorgungsaufgabe übernehmen konnten,
ihnen aber wesentliche Ausstattungsmerkmale für die befriedigende ganzheitliche
Versorgung der Nahbereiche fehlte. Nach dem derzeitigen Entwurf für den LEP ZOS
werden nur noch 2 Gemeinden im engeren Verflechtungsraum (Schönefeld und Neuenhagen) kein Stadtrecht haben.
wirtschaftlich (Einwohnerdichte;
Mindestgröße von Einrichtungen) Sinkt die Einwohnerzahl, vergrößert sich der
Einzugsbereich von Zentralorten, um die Mindestauslastung der öffentlichen
Einrichtungen zu gewährleisten (Kitas, Schulen, Jugendfreizeitheime,
Krankenhäuser u.a.). Verringert sich darüber hinaus der Anteil eines
Schülerjahrgangs an der Gesamtbevölkerung (Wendeknick), sind ebenso größere
Versorgungs- bzw. Einzugsbereiche zu bilden. Der Einzugsbereich einer
Oberschule wird sich von durchschnittlich 88 auf 195 km² mehr als verdoppeln.
Teilweise wurde durch Senkung von Größenstandards (Mindest-Zügigkeit,
Mindest-Klassenfrequenz, „kleine Grundschule“ mit jahrgangsübergreifendem
Unterricht gem. § 19 Abs. 4 Schulgesetz Land Brandenburg) versucht, die
Schließung von Schulstandorten und infolgedessen die Vergrößerung von
Einzugsbereichen zu verhindern. Zunehmend gerät dies in einen Zielkonflikt mit
Bildungsstandards (Pisa-Schock): größere Lernerfolge sind in kürzeren
Bildungszeiten zu vermitteln (Abitur nach 12 Jahren), trotzdem das zu
vermittelnde Wissen stetig wächst. Ohne eine genügende Spezialisierung von
Lehrkräften, die nur an größeren Schulen möglich ist, wird die notwendige
Produktivitätssteigerung nicht möglich sein. Eine Senkung der Mindestgröße zur
Vermeidung von Schulschließungen stellt genau diese Qualitätssteigerung in
Frage.
Im
Bereich der verbrauchernahen Versorgung war seit der Massenmotorisierung ab den
70er Jahren ein Rückzug der Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe aus der
Fläche infolge betrieblicher Konzentrationsprozesse zu beobachten. Der
Tante-Emma-Bedienungsladen konnte in den ländlichen Gebieten nicht mit dem
Gemischtwarenladen zur Selbstbedienung mit durchschnittlich 60 m² und
schließlich dem Discounter und Supermarkt mit 400-600 m² Verkaufsfläche
konkurrieren (Gerhard
Stiens und Doris Pick, Die Zentrale-Orte-Systeme der
Bundesländer, RuR 5/6/1998). Das Auto begründete eine Wahlfreiheit
im Raum, die der wirtschaftlichen Konzentration Vorschub leistete. Ein Blick
über die Oder in das weniger stark motorisierte Polen (289 PKW/1.000 EW ggü.
541 PKW/1.000 EW in Deutschland) zeigt eine ungleich bessere Nahversorgung im
ländlichen Raum.
Zentrale-Orte-Verbund: Um das kostenträchtige
kulturelle Angebot bei Theatern und Orchestern für die Oberzentren Potsdam,
Brandenburg/H und Frankfurt/Oder aufrecht zu erhalten, wurde 1999 ein Theater-
und Orchesterverbund ins Leben gerufen. Neben den Vorführungen in ihren
angestammten Spielstätten gastieren seitdem das Potsdamer Hans-Otto-Theater,
das Brandenburger Musiktheater sowie das Frankfurter Sinfonieorchester jeweils
in den anderen Oberzentren. Seit 2008 bietet auch das Staatstheater Cottbus auf
vertraglicher Grundlage Musiktheaterproduktionen im Verbund an, ohne selbst
Verbundmitglied zu sein.
Meldungen:
MWFK Brandenburg, Paraphierung; Verhandlungen
Unter
einem Cluster wird ein Produktionsnetzwerk von stark
interdependenten Unternehmen (einschließlich spezialisierter Zulieferer) mit
internationaler Orientierung in einem wachsenden Wirtschaftszweig verstanden,
die in einer Wertschöpfungskette verbunden sind; das kann strategische
Allianzen mit Universitäten, Forschungsinstituten, wissensbasierten Dienstleistungen,
Brücken-Institutionen (Broker, Berater) und Kunden einschließen. Dagegen
agieren auf den sog. Kompetenzfeldern eher regionale Unternehmen, die Netzwerke
sind weniger stark ausgeprägt.